The Finns Party presidential candidate Jussi Halla-aho at his election reception in Helsinki on January 28, 2024.
The Finns Party presidential candidate Jussi Halla-aho at his election reception in Helsinki on January 28, 2024.
imago / Lehtikuva

Die extreme Rechte in Finnland: zwischen skandalös und salonfähig

Tatu Ahponen

Fast unmittelbar nach ihrer Bildung im Juni letzten Jahres begannen die Skandale um die finnische Regierung, als Enthüllungen über rassistische Äußerungen und Memes in Verbindung mit einer der beiden Hauptparteien der neuen Koalition auftauchten – „Die Finnen“, eine rechtsextreme, nationalistische Anti-Einwanderungspartei. Die Krise hätte fast das Ende der noch so jungen Regierung bedeutet. Und obwohl der politische Schaden zwar von Dauer ist, reicht er möglicherweise nicht aus, um eine Verschmelzung des Ultranationalismus von „Die Finnen“ mit der neoliberalen Agenda von deren Mitte-Rechts-Regierungspartnern zu verhindern.

Fast unmittelbar nach ihrer Bildung im Juni letzten Jahres begannen die Skandale um die finnische Regierung, als Enthüllungen über rassistische Äußerungen und Memes in Verbindung mit einer der beiden Hauptparteien der neuen Koalition auftauchten – „Die Finnen“, eine rechtsextreme, nationalistische Anti-Einwanderungspartei. Die Krise hätte fast das Ende der noch so jungen Regierung bedeutet. Und obwohl der politische Schaden zwar von Dauer ist, reicht er möglicherweise nicht aus, um eine Verschmelzung des Ultranationalismus von „Die Finnen“ mit der neoliberalen Agenda von deren Mitte-Rechts-Regierungspartnern zu verhindern.

Finnlands neue Regierung war kaum zwei Wochen an der Macht, als die ersten Skandale die Runde machten. Über Vilhelm Junnila, den neuen Wirtschaftsminister und Abgeordneten der rechtsextremen Partei „Die Finnen“ (PS), wurde bekannt, dass er in der Vergangenheit wenig subtile Signale an die neonazistische extreme Rechte gesendet hatte: in sozialen Netzwerken hatte er Beiträge mit Hakenkreuzen und Witzen, die Unterstützung für Adolf Hitler andeuteten, geteilt. Obwohl er anfangs versuchte, dem Sturm der Empörung zu widerstehen, musste er wenige Tage später zurücktreten.

Neuer Parlamentspräsident ist der ehemalige Parteivorsitzende und Chefideologe von „Die Finnen“ (sowie kürzliche Präsidentschaftskandidat) Jussi Halla-aho, der in der Vergangenheit damit auf sich aufmerksam gemacht hatte, dass er mehreren linken und liberalen Politikerinnen wünschte, sie würden von Ausländern vergewaltigt werden. Die derzeitige Parteichefin und nun neue Finanzministerin Riikka Purra begann ihre politische Karriere im Jahr 2008 als Teilnehmerin in Online-Diskussionsforen von Halla-aho, in denen sie sich rassistisch und gewaltverherrlichend über Migrant:innen geäußert haben soll.

Ablenkung vom Sparkurs der Regierung

Kein guter Anfang für die neue Regierung. Diese gab brav eine oberflächliche Erklärung ab, in der sie sich gegen Rassismus aussprach, und die von „Die Finnen“ erwartungsgemäß ignoriert wurde. Sie war aber ausreichend, um der Regierung zu ermöglichen, die Umsetzung ihres Programms voranzutreiben: eine Kombination aus strenger Sparpolitik, Anti-Gewerkschaftspolitik und einer Verschärfung der Bestimmungen zu Staatsbürgerschaft und Einwanderung. Tatsächlich gab es in den Medien deutlich weniger Aufregung über die Maßnahmen der Regierung als um die jahrzehntealten Äußerungen im Netz. Um es in den Worten der linken Politikerin Anna Kontula zu sagen: Die Debatten über „Die Finnen“ konzentrierten sich „zu sehr auf die Tischmanieren und nicht genug auf die Speisekarte“.

Zu den geplanten oder bereits beschlossenen Initiativen der neuen Regierung gehören weitreichende Kürzungen im Gesundheitswesen und bei der Arbeitslosenhilfe. Gegen diese antisozialen Maßnahmen regte sich sofort großer Widerstand in der Öffentlichkeit und hauptsächlich gegen „Die Finnen“ gerichtet, basierend auf der Annahme, dass diese maßgeblich daran beteiligt waren, eine solch reaktionäre Politik auf die Agenda der Regierung zu bringen. Doch reflektiert diese Kritik ein umfassendes Verständnis der Partei? Ein kurzer Überblick über deren Geschichte liefert wichtige Erkenntnisse.

Eine Geschichte des Protests

Die Regierungsbeteiligung der Partei „Die Finnen“ ist ein wichtiger Schritt auf ihrem jahrzehntelangen Weg des Wandels von einem Vehikel für populistischem Protest hin zu einem effektiven Werkzeug des rechtsextremen Nationalismus. Ihr Bedeutungsgewinn spiegelt einen Rechtsruck in der finnischen Gesellschaft wider, der hauptsächlich durch wirtschaftliche Faktoren bedingt wurde. Diese stehen in Zusammenhang mit dem Aufstieg des Neoliberalismus in Finnland, den Herausforderungen einer alternden Bevölkerung sowie der wirtschaftlichen Flaute. Vor diesem Hintergrund war es für „Die Finnen“ – und die anderen rechten Parteien –leicht, die Ehe aus bösartigem Nationalismus und Sparpolitik einzugehen.

Der Vorgänger der Partei, die „Finnische Landpartei“ (Suomen maaseudun puolue, SMP), wurde in den 1960er-Jahren von verarmten Kleinbäuer:innen als Reaktion gegen die Modernisierung gegründet, vor allem in den Gebieten Finnlands, die im Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion erobert worden waren. Attraktiv war die Partei durch ihre Kritik an der rasanten Verstädterungspolitik Finnlands, deren Kosten die armen ländlichen Gebiete schwer trafen, sowie an der oft pro-sowjetischen Neutralitätspolitik des Landes.

Nach einer erfolgreichen Politik der Kooptation der Kommunist:innen in das System in den späten 1960ern wurde die Idee der Überwindung unliebsamer politischer Bewegungen durch Inklusion – quasi ein „zum Tode umarmen“ – in den 1980ern auch auf die Finnische Landpartei angewandt. Nach einer kurzen Zeit in der Regierung zerbrach die Partei, da sich ihre populistischen Versprechungen als Trugbilder herausstellten. Der letzte Parteisekretär Timo Soini las die Scherben auf und formte daraus 1995 die Partei „Die Finnen“ (damals unter dem Namen „Wahre Finnen“, Perussuomalaiset, PS).

Auf der Suche nach einer Krise

Doch angesichts des Niedergangs der Sowjetunion und der bereits abgeschlossenen Urbanisierung brauchten Soini und seine Partei einige Zeit, um ein erfolgsverheißendes Thema zu finden. Der Handel mit der Sowjetunion wurde nach deren Zusammenbruch durch Handel mit dem Westen ersetzt, doch die wirtschaftliche Depression Anfang der 90er-Jahre brachte einen Großteil der finnischen Industrie zu Fall. Die neue High-Tech-Branche mit Nokias Mobiltelefonen und später verschiedenen Softwareunternehmen beschäftigte nicht dieselbe Bevökerungsgruppe, sodass Finnland eine vergleichsweise hohe strukturelle Arbeitslosigkeit aufwies.

Der wirtschaftliche Wandel ging mit einem breiteren gesellschaftlichen Wandel einher: Die Nation mehrheitlich weißer, in der Mehrheit lutherischer, kulturell homogener Finnischsprachiger wurde immer kosmopolitischer. Die EU wurde von Befürworter:innen wie Gegner:innen mit diesem Wandel in Verbindung gebracht, weshalb es wenig verwunderlich war, dass die Gelegenheit, die Soini schließlich ergriff, die Eurokrise 2008 war. Als sich das Bild der EU als Quelle des Wohlstands in eines der Kritik an südeuropäischer Verschwenderei verwandelte, stiegen die Umfragewerte für „Die Finnen“ rasant. Die Anti-Einwanderungsbewegung, die bewusst die Nähe zur Partei suchte, erlebte ebenfalls einen Aufschwung.

Der Aufstieg der Rechten

Bis dahin waren die finnischen Rechtsextremen seit dem Zweiten Weltkrieg weitestgehend in der Bedeutungslosigkeit versunken, da ihre scharfe russlandfeindliche Haltung im Gegensatz zu dem Wunsch der finnischen Unternehmen nach guten Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion stand. In den Jahren nach dem Niedergang der Sowjetunion entstand jedoch eine neue ultranationalistische, migrationsfeindliche Vereinigung namens Suomen Sisu. Jussi Halla-aho war ein frühes Mitglied der Gruppe, obwohl sie ihm schnell zu klein war. Die 1998 gegründete Gruppe begann bald, Optionen für sich in der institutionalisierten Politik auszuloten. Die Arbeit über eine bereits existierende Partei schien ihr der wirksamste Weg zu sein, und „Die Finnen“ für ihr Vorhaben bestens geeignet.

Obwohl Soini die fanatischen Migrantenhasser:innen nicht schätzte, kam ihm ihre Sache gelegen. Er präsentierte sich als Populist, der den Meinungen der „Vergessenen“ Gehör schenkte, auch jenen, die aus seiner Sicht „in unkultivierter Weise“ zum Ausdruck gebracht wurden. Es war für die gut organisierte Gruppe von Anti-Migrations-Aktivist:innen recht einfach, Einfluss in der Partei zu gewinnen, insbesondere da ihre Ansichten bereits von vielen unterstützt wurden, auch wenn diese teils andere Fragen als bedeutender und dringlicher erachteten.

Ein radikaler Rechtsruck

Als Soini mit seiner Partei 2015 an die Regierung kam, blieb die Anti-Migrationsfraktion größtenteils außen vor. Dann aber scheiterte die Regierung 2015–2016 daran, eine politische Antwort auf die Herausforderungen der starken Zuwanderung zu geben. Daraufhin trat Soini 2017 vom Parteivorsitz zurück. Sein Ansehen hatte durch die unter Führung seines Ministeriums beschlossenen Kompromisse Schaden genommen, und der radikalere Halla-aho besiegte den von Soini vorgesehenen Nachfolger im Handumdrehen und übernahm die Parteiführung. Die Extremist:innen gewannen die Oberhand.

Tatsächlich galt Halla-aho zu diesem Zeitpunkt bereits als so umstritten, dass „Die Finnen“ von den anderen Regierungsparteien aus der Koalition geworfen wurden und Soini und sein Flügel sich von der Partei abspalteten, um ihre Ministerposten zu behalten. Damit verschenkten sie, was ihnen noch an politischem Einfluss blieb, und untermauerten die vollkommene Herrschaft von Halla-ahos Gruppe über „Die Finnen“.

Geboren in Internetforen

Ein Hauptfaktor für Halla-ahos politischen Erfolg war das Internet, wo sein Online-Forum Homma schnell Suomen Sisu als Basis und ideologisches Testlabor seiner Bewegung ablöste. Tatsächlich argumentiert Halla‑aho weiterhin wie in einem Forum: kampfeslustig, schwarzhumorig und höhnisch, mit vereinfachenden Vergleichen und Schwarz-Weiß-Aussagen über seine Gegner:innen. Er stellt sich als die einzige Stimme der Vernunft inmitten von irrationalen Linken und Medienpersönlichkeiten mit widersprüchlichen liberalen Ansichten zu Themen wie Islam und Einwanderung dar.

Seine Haltung geht weit über die bei ihm sehr präsente Migrations- und Islamfeindlichkeit hinaus. So äußerte er, er glaube an einen grundlegenden, unveränderlichen Intelligenzunterschied zwischen Afrikaner:innen und Europäer:innen und eine gesellschaftliche Hierarchie, der zufolge manche Menschen von Natur aus weniger wert seien als andere. In seinen Worten: „[D]er einzige messbare und daher unbestritten existierende menschliche Wert ist der instrumentelle Wert des Einzelnen. Dies rechtfertigt eine Hierarchie der Einzelnen auf Grundlage dessen, wie sehr das Fehlen ihrer Talente oder Fähigkeiten der Gemeinschaft schaden würde“.

Wachsende Unterstützung durch Wohlhabende

Die unzufriedene rechte Arbeiterklasse und die kampfeslustigen Bürgerlichen eint der Wunsch, „die Linken zum Weinen zu bringen“. Das mag erklären, warum die Partei „Die Finnen“ sich teils deutlicher für einen Sparkurs und gewerkschaftsfeindliche Politik auszusprechen scheinen als die Mitte-Rechts-Parteien, obwohl sie damit vermutlich ihren eigenen Unterstützer:innen schaden würde.

Während die Finnische Landpartei aus entrechteten Kleinbäuer:innen hervorging, hat Soini die Zielgruppe ausgeweitet, nicht nur auf deren Nachkommen in den Arbeitervierteln am Stadtrand, sondern auch auf eine überdurchschnittlich begüterte Wähler:innenschaft. Deren Unterstützung war maßgebend für Halla-ahos jetzigen noch stärkeren Rechtsruck in Wirtschaftsfragen (gemäß seinem Glauben an eine „naturgegebene“ Hierarchie), während er zugleich die bestehenden Unterstützer:innen der Partei halten will.

Dies stellte keine große Herausforderung dar, denn Themen wie Einwanderung, Kritik an Umweltvorschriften, und Euroskepsis (in stark abgeschwächter Form aufgrund der Mitte-Rechts-Koalition) fanden bei den armen wie reichen Unterstützer:innen der Partei Anklang.  Zudem wagt es keine der rechten Parteien in Finnland offen, das Herzstück der finnischen Politik anzugreifen: den Wohlfahrtsstaat. Glaubt man den Neoliberalen, wollen sie ihn vorgeblich retten und nicht etwa abbauen, während die Nationalist:innen ihn nicht antasten, allerdings ausschließlich ethnischen Finn:innen zugutekommen lassen wollen.

Vergorener Liberalismus

Darüber hinaus zeichnete sich die Partei durch eine Art vergorenen Liberalismus aus: von der Opposition gegen die EU als bürokratischer Superstaat und einer Sicht des Islam als von Grund auf fundamentalistische Religion über körperliche Selbstbestimmung in der COVID-19-Pandemie hin zu Widerstand gegen Umweltvorschriften als Einschränkung des Privateigentums. Dem liberalen Argument, Einwanderung bringe zusätzliche Arbeitskräfte ins Land, entgegneten die Nationalist:innen, dass die Kosten der Einwanderung – einschließlich Kriminalität – die Steuervorteile überwiegen.

In den rassistischsten Diskursen steckt hinter dem Schwall an vermeintlichen Argumenten zur Intelligenz und Verbrechensstatistiken ein tiefempfundenes Gefühl, dass liberale Werte nur von Europäer:innen wahrhaftig wertgeschätzt werden können und dass Einwanderung von außerhalb Europas daher diese Werte untergrabe und zugrunde richte. Aus dieser wirren Logik folgt der Schluss, dass der Liberalismus beiseitegeschoben werden muss, um ihn vor sich selbst zu retten.

Konkurrenz von noch weiter rechts?

Während „Die Finnen“ weiter innerhalb des Systems agieren, hat ihre Regierungsbeteiligung anderen, noch radikaleren rechten Parteien nur wenig genutzt. Während der COVID-19-Pandemie gab es geradezu eine Schwemme solcher Gruppierungen unter Führung von Verschwörungstheoretiker:innen, deren Auffassung zufolge „Die Finnen“ mit dem Thema nicht kritisch genug umgingen. Andere schlossen sich der ehemaligen Jugendorganisation von „Die Finnen“ an, die sich aufgrund ihres unverhohlenen Faschismus mittlerweile abgespalten hat. Allgemein scheint es jedoch üblicherweise so, dass derartige Parteien den Großteil ihrer Energie auf innere Zankereien verwenden und auf Landeseben wenig bewirken.

Dabei gibt es durchaus noch gefährlichere Strömungen: Kürzlich gab es Prozesse wegen Terrorismus gegen mehrere sogenannte akzelerationistische, satanistische Neonazi-Gruppierungen in Finnland, die Angriffe auf Asylzentren und Politiker:innen geplant hatten. Viele dieser radikalisierten jungen Männer sind ehemalige Mitglieder von „Die Finnen“ und mindestens einer davon bloggte seit langem auf der Website der Partei.

Rechtsextreme Kreuzungen

„Die Finnen“ bemühten sich zu betonen, dass diese Terroristen nicht mehr zur Partei gehörten, doch diese Fälle offenbaren die Dissonanz zwischen der üblichen Weltuntergangsrhetorik der Partei zum einen und der Realität der trivialeren Parlamentsarbeit zum anderen. Der extreme Nationalismus der Partei, der insbesondere online kultiviert wird, kann aufgrund der Beschränkungen der politischen Arbeit in demokratischen Institutionen nicht umgesetzt werden. Dies führte zur Radikalisierung einiger Unterstützer:innen, die neue Kanäle und Formen direkten Handelns suchen, bis hin zu terroristischen Taten.

Dieses Phänomen ist nicht neu: „Die Finnen“ wurden bereits zuvor mit einer Reihe sogenannter „Nazi-Unfälle“ in Verbindung gebracht – so posierte ein Abgeordneter mit einer inzwischen verbotenen Neonazi-Bewegung am Grab des Geschichtsnationalismus-Aktivisten Eugen Schauman –, welche die Partei als bloßen Zufall abtut. Selbst wenn man der Partei Glauben schenken wollte, dass es sich bei diesen Fällen um reine Zu- bzw. Unfälle handelte, zeigen sie doch, dass es weiterhin breite Überschneidungen zwischen den radikaleren und den „gemäßigteren“ Strömungen des finnischen Nationalismus gibt.

Die neue Generation

Nach Soini, Halla-aho und Purra dürfte die Parteiführung nun an die junge Generation gehen. Anders als Soini, der eine neue Partei aus der Asche einer alten hob, und Halla-aho und Purra, die sich quasi in Soinis Partei eingeschlichen hatten, hat diese junge Generation ihr gesamtes Erwachsenenleben lang in einer Zeit gelebt, in der „Die Finnen“ auf der politischen Ebene bekannt und zunehmend akzeptiert sind, und Halla-ahos düstere Worte für die Vergangenheit stehen.

Auch wenn die jungen Leute YouTube und TikTok bevorzugen, wo sie sich an die breite neue Zielgruppe der sogenannten Zoomer-Generation richten, ist ihr Ton doch derselbe: kampfeslustig, einschüchternd, sarkastisch.   Und auch der Inhalt bleibt unverändert: im Wesentlichen geht es um Kritik an Einwanderung sowie Unterstützung für rechtsgerichtete Wirtschaftspolitik. Migrationsfeindliche Ansichten, die einst als radikale Ketzerei gegen den Liberalismus galten, hörte diese Generation online wie offline ihr gesamtes Leben lang. Es handelt sich dabei nicht mehr um die Politik einer radikalen Randgruppe, die es durch populistische Kreuzzüge zu verbreiten gilt, sondern um ein Thema der „normalen“ Politik, welche die Institutionen erobern und den gegenwärtigen Paradigmenwechsel vorantreiben will.

Wie widerstandsfähig ist die Demokratie?

Trotz der Normalisierung solch radikaler politischer Ansichten bleibt das Fundament der finnischen Demokratie standhaft. Bei den kürzlichen Präsidentschaftswahlen verpasste Halla-aho die zweite Runde, obwohl der Medienhype ihm zu 19 % der Stimmen verholfen hatte. Jegliche Bestrebungen für einen dauerhaften Wandel in Finnland sehen sich der Hürde der finnischen Verfassung gegenüber, die Ende der 90er-Jahre als Krönung der sozialliberalen demokratischen Ordnung der Nachkriegszeit geschrieben wurde. Wenig überraschenderweise richten sich einige der schärfsten Attacken daher gegen die Verfassung.

Die Agenda der neuen Regierung zielt nicht nur darauf ab, die Macht der Gewerkschaften immer weiter einzuengen, sondern auch, den Verfassungsausschuss dazu zu bewegen, die Verfassung zugunsten ihrer rechtsgerichteten Agenda auszulegen. Es lässt sich nicht sagen, wer in diesem politischen Kampf zwischen Gewerkschaften und Regierung bzw. Verfassung und Regierung den Sieg davontragen wird. Zahlreiche Menschen gingen bereits auf die Straße gegen den Sparkurs und die Beteiligung der Rechtsextremen an der Regierung und solche Proteste dürften im Zuge der Umsetzung der Regierungsmaßnahmen noch weiter zunehmen.

Schaffung einer Alternativen

Mit Blick auf das große Ganze gilt es, progressive Antworten auf die Fragen der Partei „Die Finnen“ zu finden: Wie kann man den finnischen Bürger:innen eine Grundsicherung bieten, ohne Menschenrechte zu beschneiden? Wie kann man den Wohlfahrtsstaat erhalten und weiterentwickeln, damit er nicht angesichts von Konjunkturtiefs und Krisen auf dem Altar der nationalen Wettbewerbsfähigkeit geopfert wird? Und was kann man gegen die Klima- und Umweltkrise tun?

Ein schneller Sieg ist nicht in Sicht. Die Hoffnung, die einige noch hegen, dass die Regierung durch innere Spannungen zerreißen könnte, schwindet mit jedem Tag mehr dahin. Es braucht konzertierte Aktionen, um die Bollwerke der finnischen Demokratie wie Gewerkschaften, Wohlfahrtsstaat und Grundrechte zu schützen. Diese müssen mit einer Rückkehr zum Wesentlichen für die finnische Linke einhergehen: Sie muss den Kontakt mit Gewerkschaften und dem ganzen Land suchen, sich deren Probleme anhören und realistische Lösungen anbieten.

Ohne diese Wiederbelebung der Linken ist davon auszugehen, dass „Die Finnen“ ihren Einfluss festigen und ausweiten und dass es zu einer noch stärkeren Radikalisierung kommt, wenn deren Lösungsvorschläge keinen Erfolg haben sollten. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich nicht sagen, wie all das enden könnte. Finnland gilt traditionell als Vorzeigemodell für einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat, dessen Präsenz in Debatten um Rechte und Gleichberechtigung zudem deutlich stärker ist, als angesichts der Größe des Landes zu erwarten wäre. Falls keine Antwort auf den Aufschwung der nationalistischen Rechten gefunden wird, könnte dies Folgen für Europa und gar die ganze Welt haben.

Tatu Ahponen ist Übersetzer und Autor. Er lebt in Tampere, Finnland.